Dienstag, 9. August 2011

Filz in deinen Haaren

Neulich sah ich es, das junge Pärchen mit dem Baby. Sie standen gegenüber dem Holzmarkt direkt vor dem Yves Rocher Geschäft, das manche, ganz feine Jenaer auch "Ief Rocher" nennen. Das Baby schlief in seinem Kinderwagen von NATURKIND ("Nur in ihm können Sie Ihrem Kind und seinen unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht werden", das ist ja der Werbeslogan von NATURKIND) und die Frau schaute ihren Begleiter versonnen an und sagte: "Nu mach mal!". Gemeint war das Überqueren der Straße, denn...sie haben richtig vermutet...der Mann schob den Kinderwagen.

Die Frau dagegen schob Langeweile, gähnte und spielte mit ihren Haare. Kleine Kunstwerke waren das. Kunstwerke als Filz. Nicht, dass sie mich jetzt missverstehen. Der Begriff "Filz" ist ja nicht immer negativ belegt und so mit diesen dreißig, vierzig kunstvollen verfilzten Strähnlocken Marke "jamaikanischer Eigenbau" ("I no come to hear about how horse dead an' cow fat.") sah die Frau wirklich aus, wie ein Kunstwerk. Zumal Filz ja ein Naturprodukt ist und daher ideal zum Kinderwagen und um Baby passte.

Außerdem waren die Strähnen rot. Damit unterschied sie sich nun ganz erheblich von den Höhlenmenschen, von denen wir ja alle abstammen. Ich stellte mir da vor, wie das Kind, später einmal, auf Fotos seiner Kindheit reagiert, auch noch Farbfotos...ja, es war eben nicht alles schlecht in der DDR.

Und da fiel mir, ganz spontan, dieses Lied hier ein...

"Du hattest mal 'ne Glatze
keiner weiß, wieso, warum
dann fandest du das abartig
bekloppt und ziemlich dumm
du hast dir die Haare wachsen lassen
der Frisör war für dich tabu
fünf Jahre sind sie gewachsen
ja, und wat is nu?

Der Filz in deinen Haaren,
der hat sich selbst toupiert
du findest es so richtig toll
es ist halt nun mal passiert
Der Filz in deinen Haaren
hat sich selbst so arrangiert
Aber in deinem Schritt
bist du rasiert.

Das verstehe wer wolle
und wer's nicht versteht der geht
Auf deinem Kopf ist nur noch Wolle
für 'ne Rasur ist's nun zu spät
Du hattest Deine Glatzenzeit
und nun 'ne Frisur die dir steht
Das verstehe wer wolle
und wer's nicht versteht der geht"

Donnerstag, 28. Juli 2011

Beratungsgespräch

Ich interessiere mich für eine Kaffemaschne für meine...

Ah ja, hier haben wir ein ganz neues Modell. Gerede frisch eingetroffen. Mit eingebauter Bohnenmühle, Direktanschluss an den Wasserhahn, automatischer Kaffeevorratsverwaltung, voll programmierbar.

Das klingt ja interessant. Aber ich habe gehört, dass diese modernen Kaffeemaschinen gar nicht so leicht zu bedienen sind.

Aber nein, die Bedienung ist ganz einfach. Sehen Sie, sie haben hier nur einen Ein/Aus-Schalter. Und die vier Programmknöpfe. Und eine USB 3.0 Schnittstelle.

Eine was?

Eine USB 3.0 Schnittstelle. Da können Sie Ihr i-Phone reinstöpseln.

Also brauche ich mein Handy um Kaffee zu machen?

Aber nein. Nur wenn es ein Firmware-Update gibt. Sie haben da ja keine stinknormale Kaffemaschine sondern ein elektronisches Meisterwerk, das auc in zehn Jahren noch nicht veraltet ist, weil sie es immer auf den höchsten Stand der Firmware bringen können.

Der was?

Natürlich können Sie die Kaffeemaschine auch ganz einfach anschalten und eines der Programme wählen.

Aha, ich sehe schon. Knopf 1 ist für eine Tasse, Knopf 2 für zwei Tassen, Knopf drei für drei Tassen und Knopf vier für vier Tassen, wenn mal Besuch da ist...oder?

Richtig. Das können Sie so einstellen, wenn Sie möchten. Sie können aber auch natürlich genauso gut einstellen, dass Knopf 1 eine Tasse starken Kaffee, Knopf 2 eine Tasse nicht ganz so starken Kaffee, und Knopf 3 nur heißes Wasser liefert. Ganz wie Sie das wollen.

Heißes Wasser?

Natürlich. Wenn Sie sich zum Beispiel Tee brühen wollen.

Mit der Kaffemaschine?

Ganz genau.

Und wie sage ich der Kaffeemaschine nun, dass sie mit Knopf 3 nur heißes Wassen machensoll?

Das ist im Grunde ganz einfach: Sie schliessen einfach Ihr i-Phone an die USB 3.0 Schnittstelle an..."

Und wie mache ich das?

Nun, sie nehmen ein USB-Kabel, Apple-Output auf USB-Stecker...

Bitte was?

Na, das normale i-Phone Anschlusskabel.

Ich habe aber gar kein i-Phone.

Ein-Android-Handy geht auch. Das muss noch nicht mal Honeycomb haben. Android 2.0 geht auch.

Ich habe aber ein Blackberry Handy.

Na Prima, das hat nämlich einen Mini-USB-Ausgang. Das können Sie direkt an die Kaffeemaschine anschließen.

Ich weiß nicht, ob das geht.

Wenn nicht, können sie auch die Kaffemaschine an Ihren Computer anschließen.

Und das funktionert?

Selbstverständlich. Sofern Ihr Betriebssystem einen passenden Treiber hat.

Einen passenden Treiber?

Ja, Ihr Betriebssystem. Also das, was startet, wenn Sie den Rechner anschalten.

Also, damit kenne ich mich nicht aus. Brauche ich das denn?

Aber natürlich. Entweder sie haben zuhause, Windows oder Apple OX oder Linux.

Ach so, Windows, das hab ich. Warum sagen sie das nicht gleich. Ja, Windows hab ich.

Was haben Sie an Windows. Windows XP, Windows Vista oder Windows 7? Obwohl, das ist gleich. Die passenden Treiber gibt's im Internet.

Und dann geht das mit dem heißen Wasser.

Natürlich.

Und wie mache ich es denn nun?

Also, warten Sie mal, ich schau mal in's Handbuch. Ja, genau. Nachdem sie die Kaffeemaschine mit dem Handy oder Rechner verbunden und hochgefahren haben und dann den Rechner oder das Handy eingeschaltet...

Was habe ich die Kaffemaschine? Hochgefahren?

Ja, angeschaltet. Aber bis der interne Prozessor das System gecheckt hat und alles läuft, dauert es ein paar Sekunden. das nennt man 'Hochfahren'.

Aber, wenn ich einen Lichschalter anknipse, dann kommt doch auch sofort Licht...

...ja, noch. Und nur, wenn Sie keine Energiesparlampen haben. Gell! - Jedenfalls warten Sie kurz, bis die Kaffeemaschine hochgefaren ist und der Bluescreen erscheint.

Ich muss auf einen Bluescreen warten?

Äh, nein. Also Sie nur warten solange, bis Sie internen Programme starten können.

Ach so.

Ja, und dann starten Sie mit Ihrem Handy das Terminalprogramm...

Was?

Oder mit Ihrem Rechner. Ein Terminalprogramm. Fragen Sie doch einfach nachher in der Computerabteilung. Die können Ihnen erklären, was das ist.

Nun gut, und was mache ich damit?

Sie geben damit die USB 3.0 Schnittstelle frei und melden die Kaffemaschine beim i-Phone oder Ihrem Rechner an.

Ich melde die Kaffemaschine an. Nur um heißes Wasser zu bekommen?

Das hängt vom Terminalprogramm ab. Jedenfalls, könnte die Kaffeemaschine auch Bluetooth...

Was ist denn das jetzt schon wieder?

Bluetooth? Das ist eine darhtlose Datenübertragung, mit der die Kaffemaschine mit anderen Geräten in Ihrem Haushalt kommunizieren kann.

Wie bitte...?

...oder Befehle aussendet.

Ist das eine Militär-Maschine, oder eine Kaffemaschine?

Nun ja, Sie wollen, dass die Kaffeemaschine das macht, was Sie wollen. Und da müssen Sie ihr ja irgendwie sagen, was sie machen soll, und das nennt man einen Befehl.

Okay, gut, wenn Sie meinen. Und wenn dieser Befehl kommt dann an und dann klicke ich auf Taste 3 und es kommt heißes Wasser raus?

Im Prinzip: Ja!

Was heißt: Im Prinzip?

Die Kaffeemaschine ist eben sehr flexiblel. Stellen Sie Sich vor, sie müssen ja auch in einem Coffeeshop erst einmal genau sagen, was sie wollen. Zum Beispiel einen Kaffee Ice Blended Caramel Vanille Macchiato Steamed mit laktosefreier Milch und Süßstoff To Go und...

Ist ja schon gut. Also wenn ich den Befehl geben will, dann tippe ich ein: "Knopf 1 = ein Tasse starken Kaffee, Knopf 2 = nicht ganz so starker Kaffee und Knopf 3 = nur heißes Wasser". Richtig?

Ja, fast. Vorher müssen Sie erst auf "Neue Konfiguration" gehen.

Auf was?

Neue Konfiguration. Damit die alte Konfiguration gespeichert wird.

...und wenn ich das gemacht habe, dann kann ich da alles einstellen?

Genau.

Und die nötige Software ist in der Kaffemaschine schon drin?

Ist in der Kaffeemaschine fest installiert. "Firmware 1.3".

Was bitte ist "Firmware 1.3"?

Das ist die aktuelle Software. Der Nachfolger von Firmware 1.2 vom Frühjahr. Ausgeliefert wurdne die ersten Maschinen letztes Jahr mit Firmware 1.1, aber die ist inzwischen veraltet.

Geht so was schnell?

Nein, aber eine Kaffeemaschine der neuestengeneration kann eben mehr als ein älteres Modell und entsprechend gibt es Firmware-Updates und dazu hat die Kaffeemaschine ja auch die USB 3.0 Schnittstelle.

Also, noch mal: wenn ich alte Konfiguration abgespeichert habe und eine neue geöffnet habe, dann geht das mit dem heißen Wasser.

Nein, sie müssen das nach dem Eintippen erst mit "Enter" bestätigen.

Warum ist das so kompliziert?

Das ist doch nicht kompliziert.

Nun ja, also: erst schließe ich die Kaffemaschine an mein Handy oder meinen Computer an, dann fahre ich sie hoch, sende Befehle...jedenfalls, wenn sich die Maschine nicht zuerste ein Firmware-Update holt, dann schreibe ich, was sie machen soll mit Knopf 1, Knopf 2 und Knopf 3...

...oder Knopf 4...

...und dann erst macht sie mir eine Tasse starken Kaffee oder heißes Wasser für Tee.

So ungefähr.

Wie: "So ungefähr"?

Sie müssen natürlich die Kaffeemaschine nach dem Neu-Konfigurieren erst in den Install-Modus schalten...

Was ist denn das jetzt schon wieder? EIn "Install-Modus"?

Das ist der Modus, ab dem die Maschine das macht, was Sie wollen. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen. Oder?

Na ja, ich glaube, ich eiß nicht. Was sit denn das da hinten für eine Kaffeemaschine?

Die? Die ist ja völlig veraltet. Die ist ja noch nicht mal programmierbar.

Aber sie macht Kaffee?

Ich glaube schon.

Prima. Ich glaube, die nehme ich. Vielen Dank.

Falsch verstanden

Sehen Sie, es ist doch so.

Oft genug wird man falsch verstanden oder man versteht falsch. Das ist ja fast so gefährlich als wenn man falsch steht. "Sag mir, wo du stehst", heißt es doch in einem berühmten Lied...aus der FDJ-Zeit. Volksdeutsche Jugend...FDJ...ja, je nachdem wo man steht. Alle Rechten gehen vom Volke aus. und die einem von denen können weder richtig lesen noch schreiben und die anderen verfassen ein Pamphlet mit 1500 Seiten, wo man sich schon fragt, konnte der Kerl jetzt tatsächlich genauso gut schreiben wie Lee Harvey Oswald schießen konnte...oder gab es hier wie da doch Hintermänner.

Wobei wir wieder beim Thema sind. Zur falschen Zeit am falschen Ort. Nehmen wir mal an, sie stehen an einer Klippe und wissen das nicht. Mein Gott, was kann da alles passieren. ?...an einer Klippe...nicht an einer Kippe. An einer Kippe kann man gar nicht stehen sondern auf der Kippe. Zum Beispiel Raucher, die rauchen eine und dann werfen sie sie weg und dann stehen sie kurz auf der Kippe, bis die aus ist.

Nicht, dass sie mich jetzt falsch verstehen, ich bin ja auch Raucher. Also jemand, der bald mit einem schwarzen Stern auf der Brust, auf dem eine Zigarette abgebildet ist, durch die Gegend laufen muss. "Raucher gefährden die Gesundheit", die eigene wie die anderer Menschen. Das machen Atomkraftwerke zwar auch, aber die bekamen ja eine Laufzeitverlängerung, bevor Japan die Physik geändert hat. Sie wissen ja: "Ich bin die Kanzlerin aller Deutschen". Genau darum geht es um das Falschverstehen.

Nehmen sie doch einfach mal den Generalmajoroberst Rahn. "Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen", das kennen sie doch. Also dieser Majorgeneraloberst Jahn, der hat mich eine Strecke weit durch meine Jugend begleitet. Weil ich etwas falsch verstanden hatte. Ich dachte immer zuerst an ihn, wenn von Major Rahn die Rede war. Erst später habe ich herausgefunden, das Majoran ein Gewürz ist und kein Generaloberst.

Oder nehmen sie zum Beispiel mal einen Computer. Ja meine Güte, was man da alles missverstehen kann. Zum Beispiel die festplatte. Meine Frau Maria hat ja ursprünglich Fleischfachverläuferin gelernt. Bei ihr wusste ich, was eine Festplatte ist..und vor aller, wer die isst. Schinkenröllchen, Wurstaufschnitt, Petersillie, Silberzwiebelchen...was hat das mit einem Computer zu tun, hab ich mich gefragt, als zum ersten Mal von Festplatten für Computer die Rede war. Verstanden habe ich das dann erst, als ich im fernsehen die Werbung gesehen hatte, als ein Kind einen Knopf am Computer drückte, das CD-Laufwerk kam heraus und es hat eine Salamischeibe reingelegt und wiederzugemacht. - Ja, meine Damen und Herren: Computer sind auch nur Menschen.

Innen drin arbeitet ja ein Mikroprofessor. Doch, doch. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute Mikroprofessor sagen anstatt Mikroprozessor. Oder was ist mit der Mailbox? Die gab es schon lange vor der Erfindungs des INternets, jedenfalls bei Bäckern. SMS? Das war zu Kaiser Wilhelms Zeiten eine gängige Bezeichnung der Marine für "Seiner Majestät Schiff" - das gibt's heute noch in Großbritannien: HMS = "Her Majesty's Ship".

So kann man vieles einfach falsch verstehen. Angefangen bei den Leuchtidioten bis hin zu Maustreibern. Ja in Hameln war das früher keine Problem, wenn man den richtgen Maustreiber hatte. Und es wird noch schlimmer. Ich hab mal für mich eine kleine Auflistung von ComputerBegriffen gemacht, die man auch anders verstehen kann:

1 Bit : eine bekannte Biersorte

12 ½ Zoll : ein Dutzend Zollfahnder und ihr Drogensuchhund

booten : das macht man, wenn man am Stausee ist

Bus : öffentliches Verkehrsmittel

Chips : was zum Knabbern

Coprozessor : so heißt der Nebenkläger

Demoversion : das was sich alle bei Stuttgart 21 abgegeguckt haben

EDV : war schon immer die Abkürzung für "Ende der Vernunft"

Floppy Disks : das sind runde Badeschuhe, mit denen man auch Frisbee spielen kann

Gigabyte : das hatten die Dinosaurier - heute kann man sich das im Museum anschauen

Hacker : Forstarbeiter

Interface : das weltweite Fahndungsfoto

I-Pod : der Topf in dem man Frühstückseier kocht

Joystick : das brauche ich den Frauen wohl nicht zu erklären

Keyboard : ein Musikinstrument

Laufwerk : ein Trainingsgerät im Fitnessstudio

Monitor : ein Treffer bei der Fußball-WM der Frauen ... genau: ein Moni-Tor

Netzwerk : etwas, was Fischer machen

Port : ein leckerer Wein aus Portugal

ROM : ist die italienische Hauptstadt

Schnittstelle : ein Friseur

Software : das was Haribo verkauft

Vollversion : mein Nachbar, wenn er nachts um halb drei nach Hause kommt

Webdesigner : jemand, der Teppiche entwirft

Ich habe ja kürzlich gehört, die nächsten Computer-Generationen würden menschlicher werden. Was nur bedeuten kann: sie haben mehr Fehler als bisher!

Dienstag, 19. Juli 2011

Walter Jenzig hat eine Idee (Teil 2 von 2)

(Fortsetzung)

Edina, ihre sehr sehr sehr gute Freundin, kam ins Haus und betrat die Küche. "Oh Gott, es ist alles so ätzend", sagte sie zu Janka. "Ich weiß, was Du meinst“, antwortete ihr Janka. „Ich fühle mich auch total fertig." Janka zog den Gürtel über ihrem gestrickten Oberteil enger. Edina ließ derweil ihren Finger über einige vergessene Salzkörner auf dem Küchentisch gleiten, leckte ihn ab und zog dabei ein Gesicht. "Ich soll sicherheitshalber diese salzigen Pillen nehmen, sagt der Doktor." Edina zog ihre Nase in Falten. "Aber davon bekomme ich ein Gefühl, als ob es mich von oben auf den Boden klatscht. Warum müssen immer nur die Frauen für alles büßen?"

Janka begann derweil, sich unter ihrem Kinn zu reiben und ihren Kopfe zu lockern, bis die Halswirbel leise knirschten, eine Übung, die sie neulich im Fernsehen gesehen hatte und die den Kopf vom Kopfschmerz befreien soll. "Gott, bitte, Edina. Rede bitte nicht von salzigem Geschmack, sonst muss ich gleich kotzen." Janka stand vom Tisch auf und ging zum Wandschrank, holte ein Glas heraus und füllte es an der Spüle mit Wasser. "Also ich denke, ich rühre NIEMALS WIEDER Wodka an", schrie sie laut um sich dann wieder an den Tisch zu ihrer Freundin zu setzen. "Vielleicht ruft mich Walter ja an", sagte Janka mit einem flüchtigen Blick zum Telefon „und holt mich raus aus der Scheiße hier. Aber es ist ja wirklich alles so langweilig und tot hier, im Vergleich zu Jena. Was soll man da auch anders machen als...“. Edina nagte derweil an der Haut ihrer Hand.

"Nach dem gestrigen Abend, dachte ich, dass Du möglicherweise mit Zoltan durch sein würdest und ihn abschießt", nahm Edina das Gespräch wieder auf. "Ich weiß, was Du meinst", sagte Janka und schüttelte den Kopf. "Mein Gott, war er ja wie eine Krake. Seine Hände waren überall", gestikulierte sie, ihre Arme zur Verteidigung anhebend. "Es ist doch so, weißt Du: nach einer Weile wirst Du müde, gegen ihn zu kämpfen. Und schließlich tat ich Freitag und Samstag nicht wirklich mehr etwas gegen ihn, außer zu sagen, dass es mir noch zu früh ist. Und da war ich es ihm, dachte ich jedenfalls, gestern wohl schuldig, wenn Du weißt, was ich meine und nacher war es zuerst gut, aber es nahm und nahm ja kein Ende und puuh." Sie begann ihren Mund zu verziehen, während Edina kicherte.

"Ich sag‘ Dir: mir ging es letzte Woche genauso mit Jozef. Aber nach einer Weile..." nun beugte sie sich vorwärts und flüsterte Janka ins Ohr "...wollte ich es auch." Jetzt lachten beide sehr laut.

In diesem Moment läutete Herr Kertez von der örtlichen Spedition Nagy an der Türklingel des kleinen Wohnhauses in Pini, einem südlichen Vorort von Lugoj. Als Janka Szabo die Tür öffnete, half er ihr, die große Holzkiste hinein zu tragen. Er hatte gelbe und graue Papierbelege zum unterschreiben dabei und, mit einem kleinen Trinkgeld (Walter kannte seine Janka eben wirklich gut), ging er wieder zu seinem Lastwagen und fuhr weiter Kisten und Pakete aus.

"Was denkst Du, was das ist?" fragte Edina. Janka stand da, die Arme hinter ihrem Körper gefaltet, schaute auf die nun mitten im Wohnzimmer stehende Holzkiste und murmelte: "Keine Ahnung."

Im Innern der Kiste bebte Walter derweil vor Aufregung, während dem er den gedämpften ungarischen Stimmen lauschte, von denen er eine sofort als die von Janka erkannte. Edina ließ ihren Fingernagel über den Deckel der Kiste streifen. "Warum schaust Du nicht auf den Absender, um zu sehen von wem es ist?". Walter fühlte seinen Herzschlag immer stärker werden und es war ihm, als könne er aus seiner gepolsterten Kiste heraus trotzdem jede einzelne Bewegung der beiden sehen.

Janka ging um die Kiste herum und las den mit Füller geschriebenen Aufkleber. "Oh mein Gott, es ist von Walter!" "Das fetzt," sagte Edina und fügte an, "Gerade vorhin hattest Du noch von ihm gesprochen und ob er mal wieder anrufen würde." Im Innern der Kiste Walter jauchzte derweil Walters Herz, als er dies hörte und er bebte vor Erwartung. Zwar war sein Ungarisch nicht so gut, dass er flüssig sprechen konnte, aber Ungarisch verstehen, das konnte er wirklich gut.

"Du könntest die Kiste ja vielleicht mal öffnen," sagte Edina und beide versuchten nun den festsitzenden Deckel anzuheben. "UHHHHH!," sagte Janka ärgerlich "er muss sie mit tausenden von Nägeln verschlossen haben." Sie zerrten nochmals am Deckel. "Mein Gott, da brauchst Du ja ein Brecheisen, um das zu öffnen." Sie zogen ein letztes Mal und Edina sagte dann: "Man bekommt einfach keinen Halt an der Seite. So geht das jedenfalls nicht auf." Beide standen schwer atmend vor dem Paket. "Warum holst Du Dir keine Messer?" fragte Edina. Janka ging in die Küche und schaute sich um, doch alles, was sie dort finden konnte, war ein Paar Küchenmesser. Dann erinnerte sie sich aber, dass ihr Vater im Keller eine kleine Sammlung von Werkzeugen hatte.

Janka lief nach unten und als sie wieder zurück im Wohnzimmer war, hielt sie ein langes Stemmeisen und einen großen Vorschlaghammer in die Höhe. "Das ist das Beste, was ich finden konnte." sagte laut schnaufend. "Hier, mach Du es", sagte sie dann, ließ sich auf die große weiche Couch sinken und atmete laut hörbar aus.

Edina versuchte einen Schlitz zwischen Deckel und den Seitenteilen zu stemmen, aber das Stemmeisen war zu groß und es gab nicht genügend Raum, es richtig anzusetzen. "Verfluchte Sache," sagte sie in sehr ärgerlichem Ton. Aber dann lächelte sie urplötzlich.

"Was denn?“, wollte Janka wissen und schaute sie fragend an. "Pass auf, meine Kleine", sagte Edina und berührte mit dem Stemmeisen leicht die Oberseite des Deckels. „Es steht zwar 'Zerbrechlich' drauf, aber vielleicht ist Eure Liebe ja gar nicht so zerbrechlich und hält das aus. Was immer er Dir da in die Kiste gepackt hat, ich haue da jetzt drauf und wir werden sehen, was passiert.“ Janka nickte ihr zu.

Im Innern des Pakets verstand Walter derweil kaum noch etwas von dem, was draußen gesprochen wurde. Vielleicht war es auch der fehlende Sauerstoff, durch seine aufgeregte Atmung, denn während der ganzen Reise hatte er stets nur langsam geatmet, damit sich durch die Luftschlitze immer wieder genügend Sauerstoff ins Innere seiner Kiste nachfüllen konnte. Aber Walter glaubte nun, seinem Herzschlag bis in sein Gehirn nachverfolgen zu können. Gleich würde so weit sein.

"Nun mach endlich auf", sagte Janka. Edina ging um die Holzkiste herum. Dann setzte sie das Stemmeisen genau in der Mitte des Deckes an, Janka kam ihr zur Hilfe und umgriff es fest mit beiden Händen, während Edina den Vorschlaghammer nahm, tief Luft holte und dann das Stemmeisen mit aller Wucht durch die Mitte des Dekels, durch zwei Lagen Pappe, durch eine Kissenpolsterung genau durch die Mitte von Walter Jenzigs Kopf trieb, aus dem sich mit einem Mal eine kleine Fontäne entwickelte, die sich, nachdem Janka das Stemmeisen aus dem Deckel herausgezogen hatte, auch aus dem Deckel der Kiste erhob und sich im Rhythmus von Walters Herzschlag, pulsierend mit der ungarischen Mittagssonne vermischte und, immer schwächer werdend zwar, aber eine Zeit lang wunderschön anzuschauen war.

Zu Ehren von Walter Jenzig (und zwar weil dieser die Grenzbehörden mehrerer sozialistischer Bruderstaaten auf eklatante Mängel in der Kontrolle von Stückgut hingewiesen hatte) wurde noch zu DDR-Zeiten ein Berg am Rande der Lichtstadt in 'Jenzig' umbenannt. Zuvor hieß der einfach 'jancko gora': Jenaer Berg. Nun aber ist dieser Lankmark für immer mit Walter Jenzig und dessen Geisteblitz des sparsamen Reisens verbunden. Eine Laterne am Gipfel soll dabei die Stelle markieren, an der Walter Jenzig zum letzten Mal seine Idee durch den Kopf ging, bevor er auf so unglückliche Weise ums Leben kam.

(aus: "Switched-On Kabarett VI")

Walter Jenzig hat eine Idee (Teil 1 von 2)

(ispiriert durch THE GIFT von John Cale / 1968)

Walter Jenzig hatte genug. Walter Jenzig hatte wirklich genug. Vor allem, davon dass er nun schon mehr als zwei Monate von seiner Janka getrennt war. Alles, was er in dieser Zeit von ihr mitbekommen hatte, waren zwei eher belanglose Briefe und ein kostspieliges Telefonat nach Ungarn, wohin sie nach dem Beginn der Semesterferien zurück gereist war, und in welchem er mit ihrer Schwester gesprochen hatte, die vorgab, Janka suchen zu wollen und den Hörer einfach ablegte, während Walters linkes Ohr die ganze weitere Zeit über am Telefonhörer festkleben blieb, während seine rechte Hand immer wieder Münzen in den Fernsprecher nachwarf, nur um nicht zu versäumen, wenn Janka endlich mit ihm sprechen würde. Nach fast anderthalb Stunden hatte er aber nur wieder Jankas Schwester an Telefon, mit einer Stimme, die Jankas verdächtig ähnlich war, und die sagte ihm, Janka wäre nach Logoj gefahren und käme erst morgen wieder zurück. Danach hatte Walter kein Geld mehr um ein weiteres Mal nach Ungarn zu telefonieren.

Janka und Walter waren sich während des letzten Semesters näher gekommen. Einmal sogar waren sie sich ganz nah gekommen und Walters Gedanken kreisten seither immer und ständig um diese eine Nacht. Zwar hatte Janka Walter zum Abschied geschworen, ihm die Treue zu halten und er war danach voller Hoffnung, dass beide sich - unsterblich verliebt - Woche für Woche einen heißen Liebesbrief schreiben würden. Mindestens einen.

Er hatte sich an die Vorgabe gehalten und Janka mit regelmäßigen Liebesschwüren eingedeckt. Aber von ihrer Seite waren es nur diese zwei kurzen Schreiben gewesen, in denen sie ihm mitteilte, er solle sich keine Sorgen machen und ihrer Familie ginge es gut, bis auf Hund Nandor, der sich seinen Schwanz in der Hoftür so schlimm eingeklemmt hatte, dass man ihm den Schwanz habe amputieren müssen. Walter dachte immer, dass sich Liebesbriefe anders anhören müssten.

Deshalb hatte er vor einiger Zeit angefangen, sich um beider Beziehung ernsthaft Sorgen zu machen. Abends hatte er große Mühe einzuschlafen und wenn er es dann schaffte, überfielen ihn schreckliche Träume. In denen sah er Janka und was sie so alles machte. Ein Traum war dabei immer gleich. In einem Nachtclub in Lugoj wurden Jankas Liebesbeteuerungen ihm gegenüber von billigem Schaumwein weggespült, den ihr irgendein Neandertaler spendiert hatte, der im übrigen seinem Freund Peter zum Verwechseln ähnlich sah. Als der Schaumwein Wirkung zeigte, kam es zu Liebkosungen und später zu sexuellen Ausschweifungen. Das war mehr, als sein Verstand auszuhalten bereit war und Walter wachte an dieser Stelle stets schweißgebadet auf. - Gut, dachte er, es ist nur ein Traum. Durfte er ihr allein wegen eines Traumes mißtrauen?

Auch tags durchdrangen Walter immer öfter Phantasien von Jankas Eskapaden ohne ihn. Die Sache war doch auch, dass kein Mensch auch nur annähernd so gut wie er verstand, wie Janka wirklich war. Er, Walter, allein hatte in den wenigen Monaten ihrer beider Beziehung intuitiv jeden Quadratmilimeter von Jankas Psyche erfasst, und - was besonders war - nur er konnte sie immer zu Lachen bringen. Walter Jenzig spürte, dass Janka ihn gerade dringend brauchte und er konnte nicht bei ihr sein.

Die rettende Idee kam ihm an einem Mittwoch. Er hatte gerade Professor Petermanns Rasen für zwei Mark fünfzig gemäht und vertikutiert und nach seiner Rückkehr in die Mittelstraße, wo Walter eine kleine Wohnung hatte, wie immer sofort in seinen Briefkasten geschaut, um zu sehen, ob etwas von Janka angekommen war. Aber im Briefkasten war nichts außer einem Schreiben der Post, dass er am Engelplatz ein Paket abholen könne, das ihm wahrscheinlich wieder seine Mutter geschickt hatte und in dem bestimmt Handtücher und Strümpfe waren. Handtücher und Strümpfe braucht der Mensch, damit er gut studieren kann, hatte seine Mutter ihm mehr als einmal gesagt und ihren Worten ließ sie stets Pakete folgen. Zumindest interessierte die sich genug für ihn, um ihm regelmäßig einen Brief zu schreiben oder ein Paket zu schicken.

Natürlich würde auch Walter an Janka Pakete schicken, wenn die ihm gesagt hätte, dass man in Ungarn ohne Handtücher und Strümpfe nicht mehr würde leben können; das war doch selbstverständlich - keine Frage. Aber so etwas hatte sie ihm nicht aufgetragen und deshalb schickte er nur Briefe an sie. Da hatte Walter Jenzig plötzlich einen Geistesblitz. Genau, dachte er, das wäre es doch!!! - Und das wurde es dann auch.

Walter hatte nämlich nicht genügend Geld um mit der Bahn zu Janka zu reisen. Weshalb verschickte er dann sich nicht einfach selbst nach Ungarn? Es war ebenso absurd wie einfach. Er würde sich als ganz spezielle Stückgutlieferung versenden, preiswert mit dem Zug nach Ungarn gefahren und sogar noch direkt bei ihr zuhause abgeliefert werden und Janka würde vielleicht staunen.

Am nächsten Tag ging Walter los, um die notwendige Ausrüstung für die Realisierung seines kühnen Plans zu kaufen. Er erwarb eine Holzkiste, gerade richtig für eine Person seiner Statur, eine Taschenlampe und Pappe, Batterien und eine Schachtel mit Nägeln und er organisierte sogar schnell einige alte Kissen, mit denen er die Holzkiste auspolstern konnte. Walter überlegte sich, was er als Minimum an Komfort und Bequemlichkeit für seine Reise einplanen musste. Einige Luftlöcher in der Pappe vor den Schlitzen der Holzkiste, einige Flaschen Trinkwasser, selbstverständlich auch etwas zu essen. Und er dachte, dass es ihm auf der Reise vermutlich kaum anders ergehen würde, als anderen Zugreisenden, außer vielleicht, dass er in einer dunklen Kiste saß, während die aus dem Fenster gucken konnten.

Samstag Morgen war es dann soweit. Walter packte sich umfassend ein, verriegelte und vernagelte die Kiste von innen sehr fest und um kurz nach zwei kamen seine Freunde, denen er erzählt hatte, er wolle Janka etwas ganz Tolles schicken, aber nun sei seine Mutter erkrankt und er müsse dringend hin, ob sie vielleicht für ihn die Kiste zum Bahnhof? Sie konnten und schleppten nun das große Paket zu einem Lastwagen, der es zum Saalbahnhof brachte und dort ablud.

Die Kiste hatte Walter zuvor ordentlich angemeldet und den Transport bezahlt, hatte sie vorsichtshalber mehrmals als 'Zerbrechlich' gekennzeichnet und während er zusammengekauert inmitten der Kissenpolster saß und ausreichend Luft bekam, versuchte er sich den Blick von Überraschung und Glück auf Jankas Gesicht vorzustellen, während sie ihre Tür öffnete, die Kiste sah, den Lieferanten ein Trinkgeld gab, die Kiste öffnete um schließlich ihren erschöpften aber glücklichen Walter in Persona vorzufinden.

Sie würde ihn zuerst küssen und dann ganz nah an sich herandrücken, so dass ihm Jankas Brüste vielleicht den Atem rauben würden und und möglicherweise würden sie sich dann gemeinsam einen Film ansehen, bevor sie zu Bett gingen. Warum nur, ging es Walter durch den Kopf, habe ich nicht eher daran gedacht, auf diese Weise nach Ungarn zu reisen?

Während er nahezu problemlos in einem Eisenbahnwaggon nach Ungarn chauffiert wurde, niemand vom Inhalt Notiz nahm, seine Kiste deshalb ohne größere Probleme die Grenzen passierte und schon am Montag Morgen im Bahnhof von Lugoj eintraf, hatte Janka Szabo gerade ihr Haar fertig frisiert. Es war ein hartes Wochenende gewesen und sie musste sich zusammennehmen, um nicht schon allein beim Gedanken daran das Erlebte mit Wein oder härteren Spirituosen herunter zu spülen.

Auch Zoltan war hart gewesen. Nachdem es vorüber war, hatte Zoltan ihr gesagt, dass er sie und ihr „nein“ sehr wohl respektiere, aber - nach allem - es wäre zweifellos der Ruf der Natur gewesen und ein Mann könne sich gegen den Ruf der Natur nicht wehren. Und, hatte Janka ihn gefragt, wie geht es mit uns weiter? Da hatte Zoltan ganz kalt zu ihr gesagt: nein, er liebe sie nicht, wenngleich er davon ausgegangen sei, dass er in den letzten Wochen eine gewisse Neigung für sie entwickelt habe. Aber schließlich seien sie beide doch erwachsen genug um zu erkennen ...

Oh, dachte Janka, was könnte Walter Zoltan doch noch so alles beibringen in Bezug auf Anstand und Ehre. Aber erstens durfte Walter von Zoltan nichts erfahren und zweitens schien ihr diese Zeit schon Jahre her zu sein.

(Ende des ersten Teils. Die FORTSETZUNG folgt in Tel 2)

Mittwoch, 27. April 2011

Ehrlich gemeintes Bekenntnis

Wenn die Maria nicht gewesen wäre
was meine Frau iss
dann wär das alles nicht gekommen
Doch man hat ja noch ein bisschen Ehre
und so hab ich mir mein Leben nicht genommen.

Sei kein Idiot und auch kein Werther
hab ich noch zu mir gesagt
Denn Pistolen und auch Schwerter
sind heut nicht mehr gefragt

Also ging ich in den "Edlen Ritter"
weil ich so für edle Ritter bin
Doch das Ende war so furchtbar bitter
aber immerhin:

Ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
denn ich hab' wieder viel zu viel getrinkt!
Viel Wodka und viel Apricot,
und Vino Vino tintoto -
und dann, dann bin ich...
umgesinkt.

Und die Bedienung stand wie ne Laterne
auf zwei Beinen und schimpfte sehr
Und der Wirt ließ mich entfernen
doch ich kämpfte um meine Ehr.

Auch die Gäste waren fest entschlossen
und das waren wirklich keine Netten
Man hob mich hoch, ich sah sie an
und eine innere Stimme sagte: Zu den Toiletten.

Ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
denn ich hab' wieder viel zu viel getrinkt!
Viel Whisky und viel Persico,
und Vino Pinot Griggio -
und dann, dann bin ich...
umgesinkt.

Meine Maria, sag ich Ihnen,
ach, am besten sag ich nichts
Meine Maria, sag ich Ihnen
sagt: "Du, ein Künstler: dass ich nicht lach!"
Und dann gab es furchtbar krach.
Und dann klirtte eine Scheibe
Und es flogen Tassen
Und dann wollt ich mich umbringen
und dann wollt ich's wieder lassen.

Und dann ging ich in den "Edlen Ritter"
Und Sie wissen ja, wie's weiterging
Ja, die Wahrheit ist manchmal bitter
aber immerhin:

Ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
denn ich hab' wieder viel zu viel getrinkt!
Viel Wodka und viel Apricot,
und Vino Vino tintoto -
und dann, dann bin ich...
umgesinkt.

Und als ich draußen war, war's gar nicht dunkel
Und die Luft war auch gar nicht violett
Denn Mister Mond und auch sein Kumpel
saßen auf dem großen Himmelbett.

Mein Karussel, das machte Pause
Meine Seele hatte Frust
Und ich sehnte mich nach Himbeerbrause
Und nach Marias Mutterbrust.

Doch:
Ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
ich schäm' mich so,
denn ich hab' wieder viel zu viel getrinkt!
Viel Whisky und viel Persico,
und Vino Pinot Griggio -
und dann, dann bin ich...
umgesinkt.

Ein Jugendgeweihter

Ein Jugendgeweihter
Ist ab jetzt viel gescheiter
Denn er sieht, dass die Welt
Regiert wird vom Geld.

Er bekommt Buttercreme und Plätzchen
Und ein kleines schlaues Sätzchen
Mit für sein weiteres heiteres Leben
Was kann es Schönres geben?
Und einen dunkelblauen Anzug zieht er an
Der kleine scheue Nunschonfasterwachsenmann.

Vorher kannt' er die Welt noch nicht
Und kannte das Geld noch nicht
Und kannte noch nicht alle Tanten
Und die andren Anverwandten.

Dann sprach sein Patenonkel ein paar kluge Worte
Doch er schielte nur auf die Torte
Denn ein Jugendgeweihter
Denkt ab jetzt immer einen Schritt weiter.

Dann hub im Jembopark das Essen an
Und der Nuschschonfasterwachsenmann
sollte noch etwas dazu sagen
Und das mit knurrendem Magen.
Nein, nein, der Junge will bestimmt noch ein Törtchen
deshalb spricht Onkel Karl die wichtigen Wörtchen.

Aber keiner hört auf ihn, jeder erzählt dem anderen seine
Sicht der Dinge und vergisst nicht Opas Gallensteine
Oder fragt: "Lässt sich Petra jetzt schon die Haare färben?" -
Solch' Konversationen sind wichtig, will man später etwas erben.

Der Jugendgeweihte sitzt derweil ganz alleine
Mit seiner goldnen Armbanduhr im Kerzenscheine
Und kennt den Streit noch nicht
Und kennt den Neid noch nicht
Und was er später sagt,
wenn man ihn zu diesem und jenem befragt.

Ds sagt ihm der Vater nicht
Das sagt ihm die Mutrer nicht
Das sagt ihm der Onkel nicht
Das sagt ihm der Lehrer nicht
Das sagt ihm kein Doktor und kein Pfarrer
Und kein Herr Jugendweihorganisator.

Das muss er selbst heraus bekommen
Das hat noch niemals einer abgenommen
Dem scheuen kleinen Jugendgeweihten
Dem alle als Krönung der Weisheiten
Geld schenkten und das nicht zu knapp
Und als Wertschätzungsmaßstab.

Ein Jugendgeweihter
Ist nun wenigstens in einem Punkt gescheiter
Denn er sieht, dass die Welt
Regiert wird vom Geld.

Dienstag, 26. April 2011

Thüringer Geschichte

Als seine Sinnlosigkeit,
König Johann von Hast-du-nicht-Gesehen,
vor den Toren von Eisenach lag,
kurz nachdem er erfolgreich vom Kreuzzug
Seite an Seite mit dem Herzog von Cornflake
gegen die Ungläubigen zurückgekehrt,
zwar hatte man sich im vorderen Orient etwas verfahren
und vor allem in der Zeit geirrt,
denn die Kreuzzüge waren da schon einige Jahrhunderte lang
wegen Erfolglosigkeit und dem Fahrplanwechsel von
Papst Gregor eingestellt worden...

Papst Gregor...kennen Sie doch? Gregor, der große Gregor
ein Gysianer und nicht bekennender Notarianer - ach: egal

...als jedenfalls seine Sinnlosigkeit,
König Johann von Hast-du-nicht-Gesehen,
vor den Toren von Eisenach lag,
und die Eisenacher nicht mehr ein noch aus wussten,
(ja, ja, das gab es schon, bevor es dort das OPEL-Werk gab)
schickten sie in der bekannten Morgenstund

...na, die müssten Sie ja nun wirklich kennen: "Morgenstund"
benannt nach dem berühmten Piraten der Karibik
mit skandninavischer Mutter: Morgen Stund,
ein übel aussehender Bursche
mit Nasenring und Goldzahn,
daher kommt ja auch das Sprichwort:
"Morgen Stund hat Gold im Mund"...

...als jedenfalls die Eisenacher weder ein noch aus wussten,
schickten sie in der bekannten Morgenstund
dreißig ihrer besten Hutmacher vor die Tore der Stadt
die sollten den König besänftigen und huben an,
wie es bis heute in den Analen der Stadt überliefert,
sie huben an zu sprechen:
"Euer Liebden, wir haben einen Hut für Euch gemacht,
der Größte auf Erden, worunter Ihr Euch behütet zurückziehen könnt
wann immer es Euer Gnaden beliebt."

Da ließ seine Sinnlosigkeit,
König Johann von Hast-du-nicht-Gesehen,
allen Hutmacher mit dem Schwert den Kopf abschlagen,
auch denen, die sich unter dem größten Hut auf Erden verkrochen hatten.

Und so findet jedes Jahr das Fest von Frau Sunna in Eisenach statt,
kein festliches Weihespiel zu Ehren des Frühlings
sondern der verzweifelte Versuch den geschundenen Seelen
der dahingemetzelten Eisenacher Hutmacher
...deren Köpfe man noch immer im Innern des Hörselberges vermutet,
welcher ja in der Tat die Form eines großem Hutes hat...
diese geschundenen Seelen wieder ans Licht zu bringen.
Pech, Gottja, Geschichte.

Oder kennen sie die Überlieferung von den Jungfrauen aus Gera.
So berichtet man, dass zur Zeit, als der freie Reichsgraf Otto der Fromme,
welcher - und das wussten damals alle im Lande - mit seiner Keule eigenhändig
bei säumigen Steuerzahlern manches Gute bewirkt hatte,
also, wie gesagt: zu der Zeit, als Otto der Fromme vor Gera lag,
und die Geraer kein Auge mehr zu tuen konnten,
ganz so als wie es war, als man ihnen die Schlussrechnung der Bundesgartenschau präsentierte
(inzwischen liegt die Einwohnerzahl von Gera weit hinter der von Jena,
so groß war damals das Leid)
als nunmehr Otto der Fromme vor Gera lag,
und die Geraer kein Auge mehr zu tuen konnten,
schickten sie in der berühmten Morgenstund
zehn auserlesene Jungfrauen vor die Stadt,
unter ihnen sogar Freifrau Ines von Flechtingen,
und die sprach:
"Oh Herr! Wir bringen Euch unsere Körper,
die besten aus ganz Gera, und ihr und Eure Soldaten dürft damit machen,
was immer Euch damit beliebe."

Aber auch die Geschichte ging daneben,
denn Otto der Fromme soll der Legende nach seine Keule genommen haben
und hat alle Jungfrauen aus Gera eigenhändig erschlagen,
auch die, die sich in den Backöfen im Innern der Stadt versteckt hatten
und seither gibt es in ganz Gera keine einzige Jungfrau mehr...besagt die Legende.

Nicht, dass ich meine Hand dafür ins Feuer legen würde,
dass es dort je welche gegeben hat,
ist halt eine Überlieferung.

Aber die Legende von den Spinnern aus Erfurt, die kennen Sie doch auf jeden Fall.
Als Theodor der III. von Chalon ganz Niedersachsen ausgeplündert,
im Hessischen gebrandschatzt hatte und in Nürnberg
alle Einwohner ausgezogen bis aufs Hemd
urplötzlich vor Erfurt stand,
da befiel die Bürger von Erfurt der panische Schrecken
und sie kasteiten sich und ließen sich zur Ader und schickten
...genau...wieder in der bekannten Morgenstund
zwanzig stadtbekannte Faden- und Tuchspinner vor die Tore der Stadt
die sprachen im Chor:

"Oh seht, edler Herr, wir sind die Spinner aus Erfurt.
Und haben nicht mal einen Kittel am Leib, wie die Nürnberger."
Und bei diesem Anblick fiel Theodeor der III. von Chalon
tödich vom Pferd und als seine Reiter solches sahen
ließen sie die Standarten sinken und stoben auf und davon
wie die goldene Horde beim Anblick von Timur.

Die Spinner aus Erfurt gibt es deshalb auch heute noch zu sehen,
Erwachsene einen Euro, Kinder 60 Cent.

Thüringer Geschichte, wissenschaftlich betrachtet,
ist, wie sie gerade erlebt haben, oft einleuchtend,
erklärt sich meist von selbst
und ist immer ein schönen Erlebnis.

Dienstag, 12. April 2011

Mein Manifest

- Ich trete für Sie auf. Deshalb ist es manchmal notwendig, Ihre Sicht der Dinge wiederzugeben.

- Fordern Sie mich. Selbstzufriedenheit ist der Feind eines großen Werkes.

- Ich gebe Ihnen keine Antworten. Nichtsdetotrotz nehme ich Ihre Fragen ernst.

- Ich bin Ideenlieferant. Die besten Ergebnisse für sich erreichen Sie durch Reflektion dessen, was ich Ihnen erzählt habe.

- Sprechen Sie mich an. Wir alle leben vom Gespräch mit anderen Menschen.

- Vertrauen Sie mir. Sie sind bei mir, weil ich etwas mache, was Sie nicht können.

- Bezahlen Sie mich. Mein Auftritt bringt Ihnen Gewinn; mit mir investieren Sie in Ihre eigene Zukunft.

Freitag, 25. März 2011

Ideal und Wirklichkeit 2011

In stiller Nacht und monogamen Betten
denkst du dir aus, was dir am Leben fehlt.
Die Nerven knistern. Wenn wir das doch hätten,
was uns, weil es nicht da ist, leise quält.
Du präparierst dir im Gedankengange das,
was du willst – und nachher kriegst dus nie ...
Man möchte immer eine große Lange,
und dann bekommt man eine kleine Dicke –
C'est la vie –!

Man möchte eine helle Pfeife kaufen
und kauft die dunkle – andere sind nicht da.
Man möchte jeden Morgen dauerlaufen
und tut es nicht. Beinah ... beinah ...
Wir dachten bei der großen Wende
an eine neue Republik ... und nun ists eben die!
Man möchte immer eine große Lange,
und dann bekommt man eine kleine Dicke –
Ssälawih –!

Sie sagten uns Atomkraft, das sei sicher
die Zukunftsenergie für unsre Welt.
Und wer dagegen sei, der hätte keine Ahnung,
und vor allem hätte er wohl zu viel Geld ...
Dann kam erst Tschernobyl und dann kam Fukushima,
und "Japan ändert die Physik".
Man möchte eben immer eine große Lange,
und dann bekommt man eine kleine Dicke –
Ssälawih –!
Man möchte eben immer eine große Lange,
und dann bekommt man eine kleine Dicke –
Ssälawih –!

Dienstag, 22. Februar 2011

Selbsterklärung

Mit dieser Erklärung möchte ich Sie bitten, mir die verbale Verbreitung einiger meiner Textstellen zu verzeihen. In den letzten Minuten habe ich meine Texte nochmals gründlich überprüft. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass mir bei der Erarbeitung gravierende handwerkliche Fehler unterlaufen sind, die ordnungsgemäßem literarischen Arbeiten widersprechen. Die Arbeit besitzt nach meiner Überzeugung dennoch einen literarisch-kabarettistischen Wert.

Eine Ursache für mein Fehlverhalten ist darin zu sehen, dass ich über einen zu langen Zeitraum, über sieben Jahre hinweg mit zahlreichen Unterbrechungen hieran geschrieben und offensichtlich den Überblick über die Verwendung von Quellen teilweise verloren habe. Eine abschließende Stellungnahme kann ich im Moment leider noch nicht abgeben.

Aber festhalten will ich doch, dass ich zu keinem Zeitpunkt vorsätzlich oder absichtlich getäuscht habe.

Dieser Schritt ist für mich besonders schmerzhaft, aber er ist eine Konsequenz aus meinen Fehlern. Er ist auf der einen Seite notwendig, um bereits eingetretenen Schaden für meinen Ruf zu begrenzen. Zum anderen verlangt mein Selbstverständnis, das ich mich mit ungeteilter Aufmerksamkeit den großen Herausforderungen des Lebens annehme.

Aus den genannten Gründen bitte ich Sie, mir einige meiner Textstellen zu verzeihen und danke Ihnen sehr für Ihre Bemühungen.

Rainer Wolfgang Sauer.

Dienstag, 1. Februar 2011

Der Krieg ist vorbei (...wenn du es willst)

Johnny hatte schon recht. Gut: Yoko somit auch (selbst wenn ich ihren Namen immer noch gerne vorne mit 'J' und hinten mit 'e' schreibe). "War ist over...if you want it" propagierte er: Der Krieg ist aus, wann immer du es willst. Zum Beispiel der mit meinem Nachbarn - Namen spielen keine Rolle. Gut fünf Jahre haben wir uns bekämpft. Zuerst verbal, dann mit kleineren Schweinereien wie 'Zeitung ausleihen', 'Post-aus-dem-Briefkasten-fischen', einen alten Staublappen in den Auspuff stecken oder mit Anrufen, nachts um halb drei (wenn der eine abhob, legte der andere sofort auf).

Dann begaben wir uns in schwerere See, schwärzten uns gegenseitig bei den anderen Nachbarn an: "Also, der Herr Müller, der spitzt ja. Ob Heroin oder Insulin - wer kann das schon wissen. Jedenfalls schmeißt der seine ganzen verbrauchten Spritzen in den Müll. Neulich ist aus Versehen seine Mülltonne umgefallen und da lagen dann die ganzen Spritzen auf dem Gehweg. Also, das geht ja gar nicht. Ich finde, da muss man mal was unternehmen." Cut! "Na, ja, der Herr Krause, was soll ich sagen. Der schnüffelt ja in den Mülltonnen der gesamaten Nachbarschaft rum. Das müsste mal einer bei ihm machen, da würden Sachen rauskommen. Wissen Sie, dass der 'ne uneheliche Tochter haben soll. Seine Frau weiß ja mittlerweile davon und hat sich aus Rache 'nen Freund genommen. Hab'n Sie auch schon mal gesehen. Der geht ja im Haus ein und aus, wenn Krause unterwegs ist. So ein kleiner, extrem pigmentierter Kenianer. Aber bei dem muss ja nicht alles so klein sein, hö, hö, hö. Na, wenn's passt. Aber nichts dem Krause sagen. Der flippt sonst aus."

Ja, ja, wir gaben uns nichts. Das ging bis zum gegenseitigen Einbruch, obwohl, wenn die Terrassentür offensteht, das ist ja dann - rein rechtlch gesehen - kein Einbruch sondern nur Hausfriedensbruch. Wie auch immer. Der Kerl hatte doch bei mir eine kleine elektronische Wanze installiert und als ich das spitz bekam, habe ich vier Wochen auf eine günstige Gelegenheit gewartet und bin dann in sein Haus geschlichen, habe im Bad eine Schampoo-Flasche genommen, im Waschbecken ausgeschüttet und dann Enthaarungscreme eingefüllt. Ich konnte ja nicht wissen, dass es die Flasche von seinem Sohn ist. Ja, genau der, der jetzt eine Glatze hat. Sieht übrigens "cool" aus, meinte seine Frau zu meiner Frau. Die lassen sich nichts anmerken, machen auf coole Säue. Die Schweine.

Dienstag, 25. Januar 2011

Im Grunde fing ja alles damit an

Im Grunde fing ja alles damit an, dass Gott unzufrieden war mit und Menschen. Im Grunde find damit alles an, mit uns Menschen. Es sollen ja paradiesische Zustände gewesen sein, damals, obwohl: ich war ja nicht mit dabei. Es kann also auch gewesen sein wie im RTL Dschungelcamp. Wer kann das schon sagen? Wenn gleich die Bibel ja hin und wieder doch erstaunlich präzisen berichtet. Nehmen wir doch zum Beispiel mal das Universum. Seit tausenden von Jahren schon steht in der Bibel geschrieben:

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe. Und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht 'Tag' und die Finsternis 'Nacht'. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag."

Bis vor noch nicht einmal einhundert Jahren dauerte es, bis die Wissenschaft ein ähnliches Bild von der Entstehung des Universums als wahrscheinliche Option manifestíerte: den Urknall. Als Begründer der Theorie gilt der Theologe und Physiker Georges Lemaître, der 1931 für den Beginn des Universums den Begriff "Uratom" verwendete. Der Begriff Urknall wurde von einem seiner größten Kritiker, und zwar von Sir Fred Hoyle geprägt, der Lemaîtres Theorie auf diese Weise unglaubwürdig erscheinen lassen wollte. Der Urknall bezeichnet daher keine Explosion in einem bestehenden Raum, sondern die zeitgleiche Entstehung von Materie, Raum und Zeit aus einer ursprünglichen Singularität. Oder wie die Bibel sagt: "Es werde Licht! Und es ward Licht."

Aber darumn geht es mir ja gar nicht. Ich sagte schon: Im Grunde fing mit uns Menschen alles an, als Gott unzufrieden mit uns war. und auch heute is das noch so. Alles läuft glatt, wenn wir funktionieren, brav sind, spuren. Aber, mit unserer Unzufriedenheit fängt aller Ärger aber auch die Weiterentwicklung an.