Dienstag, 14. Dezember 2010

Der Nachhaltige Adventskalender

Das Jenaer Büro der Lokalen Agenda 21 hat auf seiner Homepage "Nachhaltige Entwicklung" einen "Nachhaltigen Adventskalender" eingestellt, der jeden Tag bis Weihnachten Rätsel und Quizfragen aufgibt oder auf dem es Geschichten und andere interessante Informationen rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu entdecken gibt. Hier eine kleine Führung durch die die Straße der Besten Adventskalenderüberraschungen:

1. - Die Photovoltaikanlage

Der Nachbar von Bauer Heinz möchte eine Photovoltaikanlage installieren. Letzte Woche wusste er allerdings noch nicht, ob die Anlage auf dem Dach des Stalles oder auf der Wiese im Freiland aufgebaut werden soll. Heinz, der sich dafür interessiert, schaut mit seiner Tochter beim Nachbarn vorbei, aber die Arbeiten haben noch nicht begonnen. Der Nachbar erzählt:

"Ich musste mich zwischen Dünnschicht- oder monokristallinen Zellen entscheiden. Mein Schwager hat mir alles günstig besorgt, doch das unterlag einigen Einschränkungen: Dünnschichtzellen kann er nicht fürs Freiland anbieten. Wählt man Dünnschicht für eine Dachanlage, so kann er keine SMA Wechselrichter bekommen, sondern nur die von anderen Herstellern. Für die Module hat er außer zu Solarworld nur Kontakte zu Dünnschichtanbietern. Wählt man eine Dachanlage mit monokristallinen Zellen, so kann er ebenfalls keine SMA Wechselrichter anbieten. Nach langem Überlegen habe ich mich für folgende Lösung entschieden..."

Da wird der Nachbar in den Stall gerufen und Heinz muss sich verabschieden, bevor er erfahren kann, was der Nachbar bestellt hat. Beim Hinausgehen stolpert er jedoch über eine Kiste auf der in großen Buchstaben "SMA" steht. Bedauernd meint Heinz zu seiner Tochter: "Schade, dass wir jetzt nicht wissen, ob er die Module von Solarworld nimmt." Die Tochter widerspricht: "Aber es ist doch alles klar." - Also, hat der Nachbar Solarworld Module bestellt?

Die Antwort: Aufgrund der Kiste kann man annehmen, dass der Nachbar SMA Wechselrichter gewählt hat. Da der Schwager für Dachanlagen mit Dünnschicht- oder monokristallinenen Zellen kein SMA bekommen konnte, muss sich der Nachbar für eine Freilandanlage entschieden haben.


2. - Die Kühlschrankklimaanlage

Es ist heiß! Manch einer kommt auf die Idee, seinen Kühlschrank als Klimaanlage zu benutzen und lässt dessen Türe offenstehen. Wie ist diese Kühlschrankklimaanlage einzuschätzen? - Bitte wählen Sie eine Antwort aus:

a) Stromrechnung und Umwelt werden natürlich belastet, aber dafür wird es im Raum kühler.
b) Es passiert überhaupt nichts. Jeder Kühlschrank schaltet sich bei geöffneter Türe nach drei Minuten ab.
c) Stromrechnung und Umwelt werden belastet und im Raum wird es sogar noch wärmer.

Die Antwort: Ein Kühlschrank arbeitet nach dem Prinzip einer Wärmepumpe, die die Wärme von Innen nach Außen transportiert. Wenn die Türe offen steht, muss dieses System umso mehr arbeiten und umso mehr Wärme gibt der Kühlschrank auf seiner Rückseite wieder ab. Der Kühlschrank kann zur Heizung werden!


3. - Globalisierung beginnt am Frühstückstisch

Ein Blick auf unseren Frühstückstisch zeigt, dass heute die wenigsten Produkte direkt aus unserem Garten oder unserer näheren Umgebung stammen. Der Kaffee stammt zum Beispiel aus Brasilien, Tee aus Indien, Erdbeeren aus Spanien, Frischkäse und Brot aus Deutschland. Unter welchen Bedingungen sie produziert werden, welche natürlichen Ressourcen dafür verbraucht werden und welche Wirkungen auf Menschen, Wirtschaft und Umwelt unsere Essgewohnheiten haben, wissen nur wenige.

Kaffee zum Beispiel wird größtenteils in Brasilien hergestellt. Für eine Tasse Kaffee (200 ml) werden 7 Gramm Dünger und 7 Gramm Pestizide eingesetzt. Zudem gehen fast 300 Gramm Erde durch Erosion verloren. Weitere natürliche Ressourcen werden bei der Verarbeitung und beim Transport verbraucht. Und auch beim Transport vom Laden nach Hause und beim Kochen müssen 100 Gramm natürliche Ressourcen z.B. für elektrischen Strom oder Benzin eingesetzt werden, wie das Wuppertal Institut berechnet hat. Dazu kommt noch ein Wasserverbrauch von über 6.600 Gramm pro Tasse Kaffee.

Den Leitgedanken zu einer nachhaltigen Entwicklung der Erde hat 1987 die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung formuliert: „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können.“

Letztendlich geht es bei der Nachhaltigkeit um die globale Verantwortung jedes Einzelnen. Schon 1978 hat der Philosoph Hans Jonas dies in seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ eindrücklich dargelegt. Die Menschen in unserer technisierten Welt müssten lernen, ihre Ethik, ihr Denken vom lokalen Bereich zu lösen und auf die größeren nationalen und globalen Zusammenhänge zur richten.


4. - In der Kneipe

Die drei Freunde regenerativer Energien: Heinz, sein Nachbar Hubert und die Biobäuerin Anna sitzen der Kneipe. Da fragt sie der Wirt: "Na, wer hat denn letzten Monat den meisten Strom produziert?" Hubert spekuliert mit einem kurzen Blick auf Anna: "Ich glaube, dass war die Anna mit Ihrer Biogasanlage." Auch die anderen äußern ihre Vermutungen, doch diese gehen in der Geräuschkulisse der Kneipe verloren. Am Ende nennen alle ihre Zahlen und es stellt sich heraus, dass der einzige von ihnen, der die richtige Vermutung hatte, auch am meisten Strom produziert hat. - Wer war es

Die Antwort: Angenommen Anna würde am meisten produzieren, dann hätte Hubert Recht und Anna als Gewinnerin wäre nicht mehr die einzige mit einer richtigen Vermutung. Das geht nicht. Also hat Hubert Unrecht und sowohl Anna als auch Hubert können nicht diejenigen mit dem meisten Strom sein. Heinz hat daher am meisten produziert und das auch vermutet.


5. - Nachhaltige Geburtstage und Weihnachtsfeste

Der ökologische Wert eines Geschenkes hängt mit Erzeugung, Transport, Energieverbrauch und Entsorgung zusammen. Langlebige Güter aus natürlichen Materialien sowie ökologisch und sozial verträgliche Produkte sind vorzuziehen. Mensch sollte aber weniger schenken.

Weniger schenken? Richtig: Was nicht zuhause liegt, braucht später nicht als Müll entsorgt zu werden. Oft verbaut uns der vermeintliche Geschenkzwang den Blick auf das Wesentliche. Ein selbstgemachtes Geschenk bereitet oft viel größere Freude als ein gekauftes.

Was bei Spielzeug zu bedenken ist: Phantasieanregende Spiele als Gegenpol zu TV-Konsum–Spielzeugen, führen uns wieder näher an die Natur heran. Möglichst kein Spielzeug mit Batterieantrieb verwenden. Gib spannenden Gesellschaftsspielen den Vorzug!

Fair und mit Freunde schenken: Fördere Kleinbauern, Plantagenarbeiter, Bildungsarbeit, Schulbesuch, Biolandbau u. a. in den Dritte-Welt-Ländern durch den Kauf von fair gehandelten Produkten. Denke auch darüber nach, ob Du eine gmeinsames Geschenk verschenkst: ein Essen im einem Bio-Restaurant, eine Wanderung, ein Museumsbesuch, Zeit für die Anderen. Oder entscheide Dich als Geschenk für Anteile an einem Windkraftwerk, Ökostrombezug, Gutscheine für öffentliche Verkehrsmittel oder Carsharing.

Eine Alternative zum krampfhaften Geschenke suchen ist auch: Hinhören auf die Not der anderen! Mache jemandem, der es wirklich braucht, ein Geschenk – oder unterstütze eine caritative Organisation z. B. "Weihnachts-Anstatt-Aktion des Entwicklungshilfeclubs".

In diesem Sinne.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

John Lennon ist tot! - Es lebe John Lennon!

In der Verwaltungsfachhochschule stand "Prüfungsvorbereitung" im Lehrplan, eine Klausur in Haushalts- und Finanzwesenwesen sollte noch vor Weihnachten geschrieben werden. Doch das war am Morgen des 9. Dezember 1980 vergessen und es gab in den Seminarräumen nur ein Thema: "John Lennon ist tot! - Erschossen in New York von einem irren Fan."

Der in Liverpool geborene Lennon hat zusammen mit den anderen Beatles die westliche Musikkultur nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wie neben ihm nur Elvis Presley oder Bob Dylan. Und so standen wir, wie Millionen von Menschen weltweit, unter Schock, als er vor 30 Jahren brutal aus dem Leben gerissen wurde. Seine kurz zuvor erschienene Single "(Just like) Starting Over" aus dem Album "Double Fantasy", das kurz vor seinem Tod von den Kritikern arg geschmäht worden war, schoss kurz danach in vielen Ländern an die Spitze der Charts.

Doch so groß die Trauer um den Menschen und die Figur John Lennon damals war, so wenig schien sich für uns sein Tod auf die Entwicklung der Popmusik auszuwirken. Denn Lennons beste Jahre lagen 1980 schon lange zurück. Die musikalische Entwicklung war schon längst beim Punk und in der Elektromusik angekommen. Der damals "jungen Generation" hatte ein alter Sack wie Lennon nichts Wesentliches mehr zu sagen. Sein Einfluss - so dachte auch ich - habe sich auf die große Zeit der 60er Jahre beschränkt und war in den 70ern nur noch kurz einmal aufgeflammt. Gut: mit den Beatles hatte er schon die Musikwelt revolutioniert und die Blaupause für die Musik der kommenden 70er geschaffen. Aber das war es dann auch gewesen. - Hatte ich damals recht?

Drei Jahrzehnte (und viele persönliche Erfahrungen später) muss ich / muss man anerkennen:

1.) John und seine (Silver-)Beatles haben dafür gesorgt, dass die Rock- und Popmusik erwachsen wurde. So wie die einst jugendlichen Fans älter wurden, so wurde auch "ihre" Musik reifer. Drehten sich die Songtexte im Rock'n'Roll und bei den frühen Beatles fast ausschließlich um die Liebe und die mir ihr verbundenen Probleme, so hat John Lennon mit dazu beigetragen, dass anspruchsvollere Themen besungen wurden. Und Lennon hatte auch seinen Anteil daran, dass die populäre Musik politischer wurde.

2.) Lennon veränderte die musikalischen Ebenen des Zuhörers. Ganz pragmatisch von "Love ME do" und "I want to hold YOUR Hand" zu "SHE Loves you", "YOU'VE got to Hide YOUR love away" und "All YOU need is Love". Das verschob die Botschaft als Aufgabe/Empfindung direkt an die Fans, die sich plötzlich nicht nur wiedererkannten sondern sogar angesprochen fühlten, etwas zu tun. Vielleicht ist selbst das "Yes WE can" von Obama auf Lennons Schaffen zurückzuführen.

3.) Wenn man Bob Dylan das Verdienst zugeschreiben möchte, die populäre Musik für ernsthafte, politische Themen geöffnet zu haben, so war es wohl vor allem John Lennon, der den Menschen mit all seinen Empfindungen, Ängsten, Zweifeln und Hoffnungen in die Musik einbrachte. In seinen Solowerken ging Lennon so weit, schonungs- und bedingungslos seine privaten Abgründe und Träume offen zu legen: "Cold Turkey", "Mother", "I am the Walruss" oder "Imagine" zeigen dies und zeigen vor allem einen offen leidenen Künstler auf der Psychiater-Couch, der die ganze Welt daran teilhaben lässt.

Diese drei Punkte waren Lennons Verdienst um die Musikwelt, prägten für Jahrzehnte die Musikszene: Bands wie U2, Coldplay oder Oasis verzichteten auf Macho-Gesten a la Led Zeppelin oder The Who und stellten stattdessen ihr Leiden an der Welt offen zur Schau, machten das Private politisch

Wegweisend und bis heute "trendy" war aber auch die Art, wie John Lennon nach seiner schicksalshaften Begegnung mit Yoko Ono sein Privatleben öffentlich zur Schau stellte. Nach seiner Hochzeit mit ihr empfing das Paar 1969 die Weltpresse im Doppelbett. John und Yoko gab es bald nur noch im Doppelpack wie Christo und Jeanne-Claude. Zwei Menschen wurden zum Promi-Paar und verknüpften ihr allerprivatestes Glück mit politischen Missionen: "Woman is the Nigger of the World", "War is over, if you want it". Ebenso modern (weil zuvor noch nie so hautnah miterlebbar) war es dann, wie Lennon 1973 bis 1975 die Trennung von Yoko Ono vor den gierig-interessierten Augen der Weltöffentlichkeit zelebrierte. Gemeinsam mit seinem Freund Haerry Nilsson unternahm Lennon in seinem "Lost Weekend", wie er diese wilde Zeit taufte, Sauftouren durch das nächtliche Los Angeles und überlies es den Klatschblättern, sämtliche Ausraster zu dokumentieren. Hier wurde des Ex-Beatles' Verhalten zu einer Blaupause für peinliche Prominente der Neuzeit von Paris Hilton bis Mel Gibson.

Fünf Jahre vor seinem Tod gab Lennon schließlich das Posing auf, kehrte von seiner neuen Flamme und Privatsekräterin May Pang reumütig in Yoko Onos Ehebett zurück und präsentierte sich von Stund an als fragiler, verletzlicher Mann. Wie modern er da wieder war, zeigte sich erst aus heutiger Sicht: John Lennon hängte 1975 seine Musikkarriere an den Nagel, um sich ganz seinem Sohn Sean zu widmen, überlies die "Geschäfte" Ehefrau Yoko Ono und war damit wieder gesellschaftliche Avantgarde. Auch das Comeback-Album "Double Fantasy", kurz vor seiner Ermordung erschienen, war, ohne dass es hierbei eines Drucks von Yoko bedurft hatte, eine paritätische Arbeit: jeder der beiden Ehepartner steuerte die Hälfte der Songs bei.

John Lennon ist ohne Zweifel seit drei Jahrzehnten physisch tot, lebt aber in unserer heutigen Musik und Gesellschaft weiter.