Montag, 3. März 2008

Plädoyer für die Pfandflasche

Wenn Sie mich einmal besuchen sollten und mir einen großen Gefallen tun wollen - ich weiß, ich soll nicht "tun" sagen; das hat mir Eula Kaiserberg beigebracht, aber ich tue es trotzdem immer wieder - also: wenn sie mir einen großen Gefallen tun wollen, dann bringen sie mir eine Pfandflasche mit und lassen sie sie am Ende Ihres Besuches da. So etwas freut mich. Ich kann das nicht erklären. Selbst, wenn uns der Lottobote irgend wann einmal einen Koffer mit 200.000 Euro nach Hause bringen würde, das würde ich mich natürlich freuen. Aber noch mehr freuen würde es mich, wenn alle mit einer Flasche Apfelschorle anstießen, die der Lottobote mitgebracht hat, und wenn er dann wieder geht, dann lässt er die Flasche zurück. So etwas würde mich riesig freuen.

Ob das aus meiner Kinder- und Jugendzeit in mir zurück geblieben ist, als ich mir mein Taschengeld von 50 Pfennig wöchentlich durch das Einsammeln von Pfandflaschen aufbesserte? Ich erinnere mich noch gut: Am lukrativsten war dies am 'Kahler See' oder im Schwimmbad Tambourweg, da konnte man als Jugendlicher leicht zehn Flaschen finden und abgeben und so noch einmal fünfzig Pfennig verdienen, die dann natürlich sofort und gut angelegt wurden in Brause oder Weingummi oder Lakritz.

Das ich heute noch so denke, hat natürlich etwas damit zu tun, dass ein halbes Jahr vor der Mondlandung in den Zeitungen und Zeitschriften
ganzseitige Inserate der Getränkeindustrie erschienen, die den einfachen wie einprägsamen Titel "Ex und hopp!" trugen. Bildlich dargestellt wurde ein Mann, der eine leere Bierflasche lässig über die Schulter warf: die Einwegflasche wurde eingeführt. Drei Jahre später ging man einen Schritt weiter und pries das erste Bier in Dosen als des Fortschritts letzten Schluss an. Leider hatte der Rausch der neuen Freiheit seinen Preis, denn die Wiesen und Wälder sahen schnell wie kleine Mülldeponien aus, ebenso das Umfeld der Bahnhöfe. Doch, doch, schon als 12-/13-Jähriger bemerkte ich dies mit Verdruss, wenngleich ich das Sammeln von Pfandflaschen eher aus finanziellen Gründen betrieb.

So ist es auch heute noch. Kein Steuersparmodell, kein Angebot zur Riesterrente, kein noch so verlockendes Angebot für einen Auftritt bereitet mir größere Freude, als eine Pfandflasche, die ihren Weg findet ... zu mir und nicht hinaus in die Natur.

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